Reiz & Scham – Dessous

150 Jahre Kulturgeschichte der Unterwäsche

Lange weiße Rüschenunterhose, darüber ein atemberaubend eng geschnürtes Korsett, Reifrock und Unterröcke. Was vielen, die heute lieber Strings zum Spitzen-BH tragen, altmodisch und bieder erscheint, war vor 150 Jahren hocherotisch,

vor allem, wenn die seidenen Unterröcke auch noch verheißungsvoll raschelten.

Die Ausstellung zeigt die Geschichte der Dessous. Präsentiert wird, wie sich die Unterwäsche in den letzten zwei Jahrhunderten wandelte und wie sich der Blick auf Krinoline & Co. veränderte. Denn Unterwäsche kann vieles sein: modisch oder altbacken, gesund, hygienisch, funktional oder einfach nur sexy. Bei der Wäsche geht es um die Frage der Perspektive und der Inszenierung: Was für den einen die Erfüllung seiner erotischen Träume ist, ist für manch anderen ein Liebestöter.

Der Arzt sieht nur das ungesunde Kleidungsstück, das nicht wärmt. Aus Sicht von Moral und Gesellschaft ist manches Wäschestück einfach nur unanständig und inakzeptabel, was ihre Trägerin aber nicht daran hindert, sich darin vielleicht besonders sexy zu finden - vielleicht auch nur heimlich. Und was Männer sehen (wollen), entspricht auch nicht immer dem, was Frauen sich von ihrer Wäsche vorstellen. Acht Blicke - acht Perspektiven auf 150 Jahre Dessous.

Auf den über 600 m² werden mehr als 600 Ausstellungsstücke aus der Sammlung des LVR-Industriemuseums gezeigt, ergänzt durch Leihgaben aus anderen Museen, aus Privatbesitz und von Firmen - nicht zu vergessen, die vielen privaten Schenkungen, die das Museum an Unterwäsche aus der DDR-Zeit erhalten hat. Die Dessous, aber auch Fotos, Film und Werbung erzählen Geschichte und Geschichten.

Ein Dessousladen aus dem Westen der 1950er Jahre sowie die Inszenierung eines HO-Ladengeschäftes aus der DDR werfen den Blick auf die Miederwarenverkäuferinnen.

In der Bundesrepublik Deutschland gab es bis weit in die 1960er Jahre und vereinzelt darüber hinaus traditionelle Wäschegeschäfte, die vor allem formende Wäsche wie Mieder und BHs in allen Variationen anboten. In diesen Geschäften waren Frauen unter sich und arbeiteten gewissermaßen gemeinsam an dem Geheimnis einer guten Figur. Auch in der DDR gab es privat geführte Wäschegeschäfte. Doch die meisten Miederwaren und Unterwäscheartikel erwarben die DDR-Bürgerinnen in den Fachgeschäften der HO oder des Konsum bzw. im Warenhaus.